Ford Mustang 1968 Coupé - Das Eckhard-Projekt !

Die Restaurierung im Überblick 

Erste Entscheidung: Teil- oder Vollresto?

Bei meinem 68er keine Frage. Ich hatte ihn für eine Vollresto gekauft, also sollte er eine bekommen.

Auch gab es einige Schwachstellen, die der Mustang ab Werk hatte - insbesondere die schlechte Rostvorsorge - die ich nachhaltig abstellen wollte. Hohlraumversiegelung war ein Fremdwort in den Sechzigern und der Unterboden war in der Regel nur mit etwas Rostschutzfarbe lackiert. Auch der Bereich unter dem Windleitblech ist eine typische Schwachstelle der ersten Baujahre. Um dort für einen sicheren Rostschutz zu sorgen oder bereits vorhandene Korrosionsschäden zu beseitigen, muss man den Wagen großräumig zerlegen. Das muss man bei einer Vollrestaurierung ohnehin, bei einer "running restoration" oder Teilrestaurierung bedeutet das jedoch bei jedem Bauabschnitt zusätzlichen Aufwand. 
Also dann - Vollresto mit dem vollen Programm: Fahrzeug bis auf die Rohkarosse komplett zerlegen - auf ein Rollgestell setzen, strahlen und lackieren, alle Einzelteile zerlegen, prüfen und überholen.  Schließlich alles wieder zusammensetzen.  2006-04-11_18-04-52.JPG (41073 Byte)

Zweite Entscheidung: originalgetreu oder optimiert? 

Diese Frage stellt sich für jeden, der ein altes Fahrzeug restauriert. Die Verlockung, ein Jahrzehnte altes Fahrzeug mit zeitgenössischen Tuningteilen technisch oder optisch aufzuwerten, ist natürlich groß.

Bei historisch besonders interessanten Fahrzeugen stellt sich diese Frage m. E. nicht. Bei einem originalen Shelby Mustang oder einem 1969er Boss würde ich selbstverständlich versuchen, dem Original so nah wie möglich zu kommen. Beim 68er Coupé, das in einer Auflage von rd. eine Viertelmillion in den Werken Metuchen, Dearborn und San José von den Bändern gerollt ist, sieht das natürlich anders aus. Aber dennoch wollte ich den Zeitgeist des 68ers bewahren: also keine 18 Zoll BlingBling-Felgen, sondern 14 Zöller mit ordentlicher Gummikante drauf, ebenso durfte das Vinyldach bleiben. Auch wollte ich definitiv kein Plastikzeugs auf der Haube oder rundherum wie bei den Eleanor-Umbauten. Ein Klassiker sollte es werden wie er damals ausgeliefert wurde. 

Für Mustangs und andere Fahrzeuge aus dem Ford Konzern ab Baujahr 1967 ist Kevin Marti in den USA in der Lage, aus alten Ford Datenbeständen die Produktionsdaten und Ausstattungsdetails zu rekonstruieren. Ich bestellte mir den Standard-Marti-Report und bekam folgendes Dokument:

Gebaut also am 02.04.1968 - dieser Tag war übrigens ein Dienstag, somit KEIN Montagsauto :-)

Für mich war damit endgültig klar, dass ich den Mustang optisch wieder annähernd in den Originalzustand bringen würde, denn genau so (evtl. mit den als Option erhältlichen "Haubenblinkern") hätte ich ihn mir 1968 auch bestellt. Die sinnvollen (aber reversiblen) Optimierungen, die ich dennoch vornahm, will ich hier kurz aufzählen:

Motor und Antrieb

Der originale 289er Motor  mit Zweifachvergaser (c-code) hat zwar ab Werk schon reichlich Dampf, aber ich wollte ihn dezent auf das Niveau bringen, das die seinerzeit gebauten sportlicheren Modelle mit Vierfachvergaser (a-code) hatten:
  • Ansaugbrücke ersetzt durch eine originale Ford 4fach-Spinne,

  • Autolite 2100er Zweifachvergaser ersetzt durch einen neuen Edelbrock Vierfach 500 cfm Vergaser mit Elektrochoke,

  • ausgelutschte Originalnockenwelle ersetzt durch eine Edelbrock Performer mit neuen Hydrostößeln,

  • die restriktiven originalen Gusskrümmer ersetzt durch Fächerkrümmer (die besten sind immer noch die Shelby-Nachbauten im Tri-Y-Design),

  • die Auspuffanlage wurde ersetzt durch eine handelsübliche 2,5 Zoll Doppelrohranlage mit Glasspacks und Turbo-Dämpfern.

  • Später kamen noch Scheibenbremsen vorn mit BKV und ein 351er Windsor Motor, aber das ist eine andere Geschichte.

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Fächerkrümmer und Vergaser bereiteten hinsichtlich TÜV und Oldtimergutachten fürs H-Kennzeichen keine Probleme, da sie Nachbauten von historischen Tuningteilen sind (Shelby bzw. Carter).

Die so genannte C4 Select-Shift Cruise-O-Matic ist ein gutes Dreigangautomatikgetriebe, das allerdings zu Ölundichtigkeiten neigt. Daher habe ich es mit folgenden Teilen optimiert:
  • Deluxe-Masterüberholkit von TCI, welches das Innenleben des Getriebes auf den Stand der robusten Streetfighter Transmissions von TCI bringt,

  • zusätzlich habe ich den im o.g. Kit enthaltenen Police/Heavy Duty Satz verbaut, das für knackigere Schaltvorgänge sorgt,

  • die notorisch undichte Blech-Ölwanne ersetzte ich durch ein Aluguss-Teil von Hughes Performance, das beständig plane Dichtflächen hat und mit einem größeren Ölvolumen und Kühlrippen die Temperaturen des Getriebeöls in gesunden Grenzen hält.

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Die serienmäßige Acht-Zoll Hinterachse ist kräftig ausgelegt und reicht für seriennahe Motoren bis 351 cui aus..

Bremsen und Lenkung

Der 68er Mustang hat bereits eine Zweikreisbremsanlage. Es waren damals auch schon Scheibenbremsen vorn und Bremskraftverstärker lieferbar, aber ich entschloss mich, lediglich die vorhandenen Trommelbremsen (die allerdings LKW-Format haben) zu überholen. Die Bremswirkung ist völlig ausreichend, zumal ich eher ein Cruiser bin (mit nur gelegentlichem Hang zu kleinen Spurts). Später hatte ich die Gelegenheit, eine komplette originale 68er Scheibenbremsanlage mit Bremskraftverstärker vorn zu kaufen. Aufgrund des BKV hatte diese Anlage mehr Komfort bei annähernd gleichen Werten auf dem Bremsenprüfstand wie die Trommelbremsen.

Elektrik

Ich habe den Kabelbaum komplett von Isolierband befreit, gereinigt, geprüft, neu umwickelt und wieder eingebaut. Dabei habe ich folgende Verbesserungen eingebaut:
  • zusätzlicher Sicherungskasten in der Nähe der Batterie,

  • je ein Relais für Auf- und Abblendlicht (sonst löst im Lichtschalter wegen der höheren Ströme, die beim Einbau von H4-Scheinwerfern fließen, eine Bimetallsicherung aus und man steht - oder fährt- plötzlich im Dunkeln),

  • Relais für die Hupe,

  • Relais für 12 V bei "Zündung an" (für Elektrochoke des Vergasers und ggf. Zündspule ohne Vorwiderstand),

  • werksüberholte Bosch Lichtmaschine mit integriertem Regler (einschl. Ladekontrolllampe),

  • separat abgesicherte 12V-Leitung bis in den Innenraum,

  • Standlicht vorn an Standlicht hinten angeschlossen, re/li separat abgesichert,

  • Side Marker Leuchten in den vorderen Kotflügeln zusammen mit den Blinkern in der Frontschürze als Blinker belegt,

  • Elektronischer Spannungsregler für die Instrumente als Ersatz für das störanfällige mechanische Originalteil (danke nochmal an Rolf vom Oldenburger Mustangstammtisch),

  • Zweikreiswarnblinkanlage von Bosch.

  • Ich habe, um lästige Markierungen auf dem Meiletacho zu vermeiden, meinen Reservetacho auf km/h-Skala umdesignen lassen bei cm-instruments.

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Karosserie:
  • komplett zerlegt, 

  • gestrahlt,

  •  sofort nach dem Strahlen elektrostatisch grundiert (keine Spritzschatten),

  • alle Falze mit spritzbarer Nahtabdichtung versiegelt, Antidröhn im Innenraum sowie Steinschlagschutz in den Radhäusern aufgebracht,

  • alle Einzelteile innen und außen mit BMW Farngrün metallic plus Klarlack lackiert (das entspricht zu 99 % dem originalen Highland Green von 68, hat aber nicht dessen fiesen Oliv-Stich und ist problemlos nachmischbar),

  • Hohlräume je nach Lage und Anspruch mit Fluid Film, Dinol Hohlraumwachs oder Mike Sanders Korrosionsschutzfett versiegelt.

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Ein Mustang ist ein ziemlich simples Stück Technik; ihn könnte man zu zweit sicherlich an einem langen Wochenende bis auf die Rohkarosse zerlegen. Ich ließ mir dabei jedoch Zeit, weil ich die ausgebauten Baugruppen zunächst untersucht und defekte oder fehlende Teile notiert habe. Die ausgebauten Teile steckte ich inkl. dazu gehörender Schrauben baugruppenweise in Gefrierbeutel oder Müllsäcke. Diese Vorgehensweise schützt vor Verlust einzelner Teile und erleichtert den Überblick beim Zusammenbau. Das macht sich dann in Zeitgewinn bezahlt. 

Bilder und Beschreibungen zu den Arbeiten finden sich im Fotoalbum bzw. im Bereich "Reparaturtipps". An dieser Stelle will ich mich darauf beschränken, einige Bilder von Meilensteinen des Projekts "Eckhard" einzustellen. Halt, stop! Ein Kapitel haben wir noch, und das sind die 

Kosten
Der Kauf schlug mit rd. 6.700 Euro zu Buche. Für Fremdleistungen (Strahlen, Lackieren, Sattlerarbeiten) habe ich rund 6.500 Euro ausgegeben und für Ersatzteile im Rahmen der Resto noch einmal rd. 10.000 Euro, dazu Kleinbeträge für Trailermiete, Fahrten zur Garage, Verbrauchsmaterialien usw. usw. . Dazu kommen noch einige Tausender für nachträgliche Optimierungen (u.a. neuer 351er Motor, Scheibenbremsen mit Bremskraftverstärker etc...


Sicherlich hätte man den einen oder anderen Tausender sparen können, allerdings nur bei Abstrichen an Qualität oder bei Kompromissen hinsichtlich der Optimierungen. Andererseits hätte man bei größeren Karosseriearbeiten oder Problemen mit der Mechanik auch einige Tausender mehr ausgeben müssen.

Im Rückblick habe ich trotz der guten Basis einen hohen Preis zahlen müssen. Für den Zeitaufwand hatte ich schließlich über 1.000 Stunden Arbeitszeit im Verlauf von fast drei Jahren auf dem Zettel. Die monetären Investitionen beliefen sich einschließlich Kauf und Aufrüstung (z.B. neuer 351er Motor und Scheibenbremsen mit Bremskraftverstärker) irgendwo zwischen 25.000 und 30.000 Euro.  

Die Resto hätte man sicherlich auch in einem oder zwei Jahren durchziehen können, aber allein der Lackierer ließ mich über ein Jahr hängen. Manchmal fehlte auch die Motivation oder schlicht die Zeit, da Job und Familie auch ihr Recht fordern. Auch hätte ein weniger pedantischer Ansatz hier und da Einsparungen an Zeit, Nerven und Geld ermöglicht (meint meine Frau ;-). Falls größere Karosseriearbeiten erforderlich gewesen wären, hätte man hierfür je nach Umfang ohne Probleme 50, 100 oder 500 Stunden und einige Hunderter für Karosserieteile zusätzlich einplanen müssen.

Jetzt aber . .  .

Die Meilensteine der Resto

Ausgangszustand im Januar 2006:

13.04.2006: Karosserie größtenteils entkernt und auf Rollgestell montiert:

26.05.2006: die obligatorische Fred-Feuerstein-Pose bei der Sanierung des Bodenblechs:

29.08.2006: Karosse frisch gestrahlt und grundiert:

Mai/Juni 2007: der Motor ist überholt und fit:

04.01.2008: Abholen der lackierten Karosserie:

12.02.2008: Achsen montiert - bald steht der Mustang wieder auf den eigenen Hufen

02.04.2008: vor genau 40 Jahren ist Eckhard in San José vom Band gelaufen. Der Oldenburger Mustang-Stammtisch gratuliert...

06.04.2008: Hochzeit von Motor/Getriebe und Karosserie

Juli 2008: Motorraum und Antriebsstrang sind fertig montiert:

31.08.2008: Hauben, Türen und Kotflügel sind angepasst

21.09.2008: Motorraum fast komplett, Kotflügel und Grill sind angebaut

Dann folgte der erste Start des Motors. Der lief wie ein Uhrwerk. Für Panik sorgte kurzfristig eine immense Rauchentwicklung. Das war aber nur eine Folge vom Einbrennen des Lacks auf den Fächerkrümmern...

Video vom ersten Start des Motors bei youtube! 

Solchermaßen neu motiviert, habe ich die restlichen Arbeiten in Angriff genommen und am 18.10.2008 war es so weit: der 68er hat nach der Resto zum ersten Mal aus eigener Kraft die Werkstatt verlassen: 

Video vom Roll-Out bei Youtube !

 

20.11.2008: TÜV-Vollgutachten mit Bravour im ersten Anlauf bestanden.

Seit dem 01.12.2008 ist er zugelassen (und hat hinten sogar ein kleines Kennzeichen genehmigt bekommen):


Mittlerweile hat das Pony seine Bewährungsprobe bestanden: Über Pfingsten 2009 haben wir z.B. an zwei Tagen zum Mustangtreffen in Sinsheim 1.200 Kilometer abgespult ohne jegliche Probleme. Außer Benzin brauchten keine Flüssigkeiten ergänzt zu werden. Auch in den Folgejahren waren wir in Sinsheim und bei den Treffen des Dr-Mustang Forums am Centro in Oberhausen. Im Jahr 2010 erhielt er noch einen brandneuen 351er Windsor Motor (TÜV eingetragen). 2012 folgte dann noch der Umbau auf 68er Scheibenbremsen vorn mit Bremskraftverstärker. Im Sommer 2012 fand er ein neues Zuhause im Raum Karlsruhe.